Erfahrungsbericht
Eine Website weben

Website Ausschnitt
Ja.: Diese Website ist selbst gestrickt, nein: selbst gewoben. Das Programm, das dies möglich macht, heisst «RapidWeaver». Es ist eine, in der Version 3.6 ausgereifte, auf Schablonen, auf Neudeutsch «Templates» genannten basierende Applikation für das Betriebssystem Mac OS X.

Hier steht der – leider inzwischen etwas angestaubte –Text als PDF zur Verfügung.

Wer sich allerdings auf das verlässt, was die «RapidWeaver»-Freaks in den höchst lebendigen Support-Foren verheissen, wird eine Enttäuschung erleben. Von heute auf morgen kommt keine Website zustande, die professionell brauchbar ist. Vom ersten Konzept bis zum Anmelden beim Serverhotel vergingen in meinem Fall 14 intensiv genutzte Ferientage.

Aber alles der Reihe nach: Ohne Konzept und eine ziemlich konkrete Vorstellung, wozu man eine Website braucht, sollte man nicht beginnen – oder sich mit einem der Ready-made-Angebote begnügen – siehe weiter unten «Eine Site für jede Saison». Ich wollte zum Beispiel einen Ort einzurichten, an dem sich verstreut abgelegte ältere Texte, von denen ich annehme, dass sie auch für andere Leute noch interessant sind, sicher aufheben liessen, und der mir gleichzeitig Gelegenheit bietet, aktuelle Berichte, Kommentare und Ideen zu publizieren.

Erstens deshalb die Frage: Muss es eine ganze Website sein? Würde nicht auch ein Blog genügen? Es wäre doch möglich, zu jedem Archivstück und zu jedem aktuellen Text eine kurze Einleitung als Blog-Eintrag zu verfassen und die Arbeiten dann zu verlinken. Gegenargument: Blogs sind für den Dialog geschaffen, Plauderecken eben, in denen im lockeren Ton Konversation gemacht wird.

Zweitens das Konzept: Die Website wird zuerst zweigeteilt – Aktuell und Archiv – und beide Teile erhalten im Prinzip dieselben Schubfächer: Entwicklungspolitik, Medien und Journalismus, Kunst und Kultur, Politik, Internet und Computer sowie Faits divers. Wie bei einem Magazin sollen die Titelseiten auf gerade Wichtiges hinweisen. Die Blog-Seite, auf die ich kurze, tagebuchartige Einträge platzieren will, steht am Anfang der Aktualitäten. Die Blog-Beiträge werden mit einem Kategorien-Raster den einzelnen Ressorts zugeordnet.

Drittens eine weitere Frage: Wen soll das Ganze überhaupt interessieren? Das Über-Ich mäkelte: «Du willst Dich nur wichtig machen. Finde Dich damit ab, dass Deine Zeit am Ablaufen ist. Das Publikum braucht Deine Erklärungen nicht und pfeift doch auf Deine Archivstücke.» Das Ich gab zurück: «Weshalb soll ich nicht zeigen, was ich schrieb und schreibe? Das ist, bitte sehr, mein Beruf, den ich so lange ausübe, wie es mir gefällt. Und überhaupt: keine Rede von Egotrip! Mein Name steht im Seiten-Titel nur, damit die Website möglichst leicht gefunden werden kann.» Der Kompromiss meiner widerstreitenden Ansichten bestand im Angebot des Gastrechts. Die Seiten sollen Autorinnen und Autoren offen stehen, von denen ich der Meinung bin, sie hätten etwas zu sagen.

Die Struktur der Website entsprach damit praktisch dem, was die Sitemap (das Inhaltsverzeichnis) jetzt zeigt. Viertens folgte die Entscheidung für ein Mac-taugliches Webdesign-Programm.

RW Logo
In meinem Arsenal befand sich eine ältere Version der wegen ihrer Layout-Fähigkeiten einst führenden Applikation «GoLive». Da ich aus Erfahrung wusste, dass für meinen Eigenbau ein weniger komplexes Programm genügen würde, verglich ich Apple’s «iWeb» mit«„Sandvox» von Karelia Software und «RapidWeaver» von Realmac-Software. Es stellte sich schnell heraus, dass «iWeb», das Websitedesign-Programm in Apple’s «iLife»-Paket, in der aktuellen Version 1.1.2 zu wenig flexibel war. Zudem sind die angebotenen Schablonen allzusehr spass-orientiert und folgen zu sehr dem amerikanischen Grafik-Geschmack. «Sandvox», das mir beim Testen sofort sympathisch war, leidet leider noch an ähnlichen Einschränkungen wie «iWeb». Da sie kaum angepasst werden können, hätte eine Schablone genau meinen Vorstellungen entsprechen müssen. Das war nicht der Fall. Deshalb landete ich bei «RapidWeaver». Hier fand ich die Vorlage „Compose 3.6“ des holländischen Grafikers Henk Vrieselaar, die ich wenigstens halbwegs meinen Bedürfnissen anpassen konnte, und die meinen grafischen Vorstellungen mindestens nahe kam.

Entscheidend war, dass sich rund um »RapdWeaver« eine überaus aktive europäische Gemeinschaft von Entwicklern und Anwendern gebildet hat, die ihre Erfahrungen in mehrsprachigen Diskussionsrunden austauscht. In den Foren sind auf fast alle Probleme Antworten zu finden. Dort gibt es auch nützliche Programm-Ergänzungen zu entdecken. Für mich am wichtigsten wurde das Zusatzprogramm «Blocks» des Anbieters«
Yourhead Software». Es erlaubt mir, Inhalte in beliebig skalierbaren Rahmen frei auf den Seiten zu platzieren, wie es in Layout-Programmen üblich ist. Weitere Programmerweiterungen, die ich zunächst interessant fand, brauchte ich nicht – mit einer Ausnahme: Die Ergänzung «Sitemap» von «Loghound». Dieses intelligente Stück Software ist nicht nur in der Lage, hierarchische Inhaltsverzeichnisse in verschiedenen Formen zu generieren, es hilft auch, die Website auf den wichtigsten Suchmaschinen «Google» und «Yahoo!» anzumelden. Eine solche Anmeldung ist wichtig, weil eine Website, die noch so nützlich sein und noch so nett gestaltet sein kann, ohne Registrierung im globalen Netz völlig verloren wäre. Wie sich herausstellte, kam ich aber schliesslich nicht darum herum, «Google» zusätzlich selbst auf meine Domain aufmerksam zu machen.

Mit einem überzeugenden Konzept, einer ansprechenden Gestaltung, die es erlaubt die Inhalte besucherfreundlich zu platzieren, und der Anmeldung bei grossen Suchmaschinen ist das Pensum bis zur Publikation einer eigenen Website noch nicht abgearbeitet. Die Bilder und Texte und die Programm-Schnipsel, die eine Seite erst lebendig werden lassen, müssen irgendwo sicher und dauerhaft gespeichert sein. Sie brauchen ein fixes Domizil.

Die Auswahl und die Benennung dieses Domizils, «domain» genannt, ist Privatsache. Da ich einen Einzelauftritt plante, lag der Name am nächsten. Die zwei Umlaute im Namen zwangen allerdings zur Umformung; und der Bindestrich zwischen Vor- und Familiennamen war nötig, weil sich ein anderer Zeitgenosse eine Domain mit dem Punkt als Trennzeichen schon gesichert hatte. Die «Top-Level-Domain» (TLD)«.ch» ist nützlich, wenn man die Herkunft signalisieren will. (Für ein Kollektiv, zumal ein international tätiges, kämen durchaus auch die TLDs .eu, .org oder .net in Frage. Eine umfassende Orientierung gibt
Wikipedia. Die .ch-TLD wird von der Organisation «Switch» verwaltet. Dort kann man zuerst prüfen, ob die gewählte Domäne noch frei ist, und sie anschliessend registrieren lassen. Es ist nicht nötig, sofort eine Website einzurichten. Das Domizil kann durchaus längere Zeit (oder immer) leer bleiben; Miete wird allerdings sofort fällig.

Die Wahl des Gastgebers für meine Website fiel mir leicht. Nach Durchsicht einer Reihe von Schweizer Angeboten, stellte sich «
Hoststar» mit Abstand als grosszügigster Anbieter heraus. Das Basis-Abonnement umfasst – unter Anderem, dessen Beschreibung hier zu sehr ins technische Detail führen würde – insgesamt 10’000 MB Speicherplatz, unbeschränkte Bandbreite beim Up- und Download, eine beliebige Anzahl von E-mail-Adressen. Ausserdem stehen etwa 100 Hilfsprogramme unentgeltlich zur Verfügung. Die Verwaltung der Domain ist nicht nur per FTP-Programm, sondern auch über das Internet jederzeit möglich.

Das ist ein guter Moment, über Kosten zu reden:

Für den Domain-Name verlangt SWITCH dieses Jahr
CHF 27.00

Das Hosting meiner Website kostet im Jahr, inkl. MWSt.
CHF 63.30

Für «RapidWeaver»zahlte ich
CHF 64.03

Die Vorlage «Compose 3.6» kostete
CHF 11.76

Das Layout-Plugin «Blocks» gab es für
CHF 32.60

Für «Sitemap» zahlte ich
CHF 7.64

Total (ohne Arbeit)
CHF 206.33


(Wenn wir ganz ehrlich sein wollen, müssen wir auch die Investitionen berücksichtigen, die (noch) nicht verwendet wurden. Der „RapidWeaver»-Zusatz «Columns», der es erlaubt, zweispaltige Seiten zu machen, kostete CHF 10.39. Und für «Sandvox», das mich zunächst so überzeugte legte ich stolze USD 79 aus.)

Kein Zweifel: Die blosse Addition von Hosting und Software-Aufwand täuscht. Erst die Berücksichtigung der Arbeitskosten gäbe darüber Auskunft, wie teuer ein eigener Internet-Auftritt zu stehen kommt. Übersehen wird dabei allerdings, dass die Pflege einer Website, die man selbst – und damit den eigenen Möglichkeiten entsprechend – konstruiert hat, weitaus billiger und schneller ist, als wenn man dafür auf (teure und vielleicht wenig zuverlässige) Expertenhilfe angewiesen wäre.
A propos: Mac OS X
Über die Frage «Mac oder Windows?» steht alles Relevante in der vergriffenen und obsoleten (aber historisch nach wie vor interessanten) «Compi-Fibel», die ich 1990, zusammen mit Christoph Grolimund, als „Ratgeber für publizistische Berufe“ im Basler Lenos-Verlag publizierte. Für mich gehört es zu den grössten Rätseln der Menschheit, wieso sich die Mehrheit der Computerbenützer nach wie vor Microsofts Fastfood aufschwatzen lassen, statt sich am liebevoll gestalteten Buffet von Apple mit frischer und gesunder Kost zu versorgen. Das Thema entzieht sich, da neuerdings unter dem Macintosh-Betriebssystem problemlos auch Windows-Applikationen laufen, vollends jedem intelligenten Diskurs..
Eine Site für jede Saison
Für private Webseiten, die man für bestimmte Gelegenheiten – Geburtstage, Hochzeiten, Ferien – und für ein beschränktes Publikum produziert, gibt es überaus anwenderfreundliche Werkzeuge. Besonders einfach zu handhaben ist die in Apple’s «Dotmac» (.mac)-Service eingebaute Software «Homepage». Sie ist allerdings den Abonnenten des Dienstes (der auch E-mail, eine virtuelle Festplatte mit insgesamt 1000 MB Speicherplatz sowie andere Dienstleistungen für jährlich 139 Franken bietet) vorbehalten. Ähnlich einfach funktioniert «iWeb», ein Webdesign-Programm, das zum Software-Paket «iLife» gehört. Für Leute, die dem amerikanischen Stilempfinden weniger zugetan sind, empfiehlt sich das Programm «Sandvox». Seine Vorlagen sind ebenso vielfältig wie unprätentiös, und die Handhabung ist genial einfach. mit diesen Applikationen – und anderen, mit denen ich keine Erfahrungen habe – macht das Webseiten-Weben Spass, auch wenn man von HTML und Cascading Style Sheets keine Ahnung hat und haben will.

Über die eben erschienene Version von iWeb und andere Neuerungen ist ein kurzer Erfahrungsbericht in Arbeit.