«Close-Up»: Neun Porträtistinnen in der Fondation Beyeler

Frida Kahlo
Kuratiert von Theodora Vischer zeigt die Fondation Beyeler in Riehen vom 21. September 2021 bis am 9. Januar 2022 unter dem Titel «Close-Up» rund 100 Werke von neun Künstlerinnen, die in der Zeit von 1870 bis zur Gegenwart entstanden sind. Die chronologisch gestaltete Ausstellung beginnt mit den Impressionistinnen Berthe Morisot (1841-1895) und Mary Cassatt (1844-1926), dann folgen Paula Modersohn-Becker (1876-1907) und Lotte Laserstein (1898-1993), Frida Kahlo (1907-1954) und Alice Neel (1900-1984) sowie die Zeitgenossinnen Marlene Dumas (*1953), Cindy Sherman (*1954) und Elisabeth Peyton (*1965). Als Gemeinsamkeit der künstlerischen Arbeit – «Close-Up», der Titel der Schau, fasst die Intention zusammen – nennt die Einleitung zum Saaltexte-Heft «die Konzentration auf Porträts und Selbstporträts». Diese Einschränkung ist wichtig, weil damit eine Auseinandersetzung mit dem gesamten Œuvre der Künstlerinnen umgangen wird. Wer durch die Ausstellung geht, wird sein Interesse auf die Frage fokussieren, welche Sicht auf die abgebildeten Menschen die Malerinnen wählten. Während bei Berthe Morisot und Mary Cassatt vor allem ihre impressionistische Maltechnik Aufmerksamkeit verdient – und ihr Mut, sich darauf einzulassen, Hochachtung – ist bei ihren Nachfolgerinnen die Abkehr von der traditionellen Porträtmalerei bemerkenswert: Nicht mehr das möglichst genaue Abbild der äusseren Erscheinung der Porträtierten war die künstlerische Herausforderung, sondern die Darstellung der subjektiv erfassten Persönlichkeit. Die Ausstellung in der Fondation Beyeler bietet einen lebendigen Einblick in die Porträtmalerei der letzten 150 Jahre; sie ermöglicht die Bekanntschaft mit selten ausgestellten Werken (Morisot, Cassatt, Laserstein, Geel) aus dem 19. und dem beginnenden 20. Jahrhundert und das Wiedersehen mit zeitgenössischen Malerinnen. Wer wissen möchte, wie die Auswahl gerade dieser neun Künstlerinnen zustande kam, erhält allerdings keine Antwort. Und auch die spannende Frage, ob Porträtistinnen anders malen als ihre männlichen Kollegen, muss mangels Vergleichsmöglichkeiten offen bleiben. Zum aktuellen Druck auf Ausstellungsmacherinnen, jetzt unbedingt Künstlerinnen eine Bühne zu bereiten, erübrigt sich eine Bemerkung. Wir halten das für eine Mode, die in absehbarer Zeit von einer vernünftigen, auf Qualität fokussierten Balance abgelöst wird.

Zur Ausstellung erschien – in je einer deutschen und englischen Version – ein schön gestalteter, reich illustrierter Katalog mit kenntnisreichen Künstlerinnen-Porträts und sorgfältig kommentierten Chronologien.
Vischer, Theodora (Hrsg. für die Fondation Beyeler): Close-Up. Berthe Morisot, Mary Cassatt, Paula Modersohn-Becker, Lotte Laserstein, Frida Kahlo, Alice Neel, Marlene Dumas, Cindy Sherman, Elisabeth Peyton. Riehen/Berlin 2021 (Fondation Beyeler/Hatje Cantz Verlag). 342 Seiten, CHF 58.00/€ 58.00.

Illustration: Frida Kahlo, Selbstporträt (1926)