Über Schraubdeutsch und PushUp-Speak

Der Neusprech (George Orwells «Newspeak») unserer Tage dient nicht mehr nur der Verschleierung einer autoritären Herrschaft, sondern sättigt, wie der Zürcher Radiologie-Professor Werner Baumann in einem teils amüsanten, teils bissigen Beitrag in der Schweizerischen Ärztezeitung feststellt, inhaltsarmes Blabla mit heisser Luft. Baumann zitiert in der Einleitung zu seinem «Taschenwörterbuch des Gesundheitswesens» das beispielhafte «Leerdeutsch» eines real existierenden «bio-psycho-sozialen Behandlungskonzepts». Neben dem Leerdeutsch dienen auch das «Dummdeutsch» (ein Begriff des Schriftstellers Eckhard Henscheid) und das «Schraubdeutsch» der Bedeutungsschwängerung von Banalitäten. Spassig ist Baumanns Übersetzung des Dampfplauderer-Idioms als «PushUp-Speak», die «wie das ähnlich benannte Damenbekleidungsstück, übersteigerte Erwartungen bezüglich Höhe und Volumen des Inhaltes» wecke. Leider entwertet der Autor seinen lobenswerten Ansatz indem er im Schlagwortverzeichnis die für das Ärztemilieu typischen politischen Duftmarken setzt. Für Journalistinnen und Journalisten kann Baumanns Wörtersammlung gleichwohl als Anregung dienen, sich von den Dampfblähungen der Verlautbarungen von Parteien, Verbänden und Interessengruppen nicht verführen zu lassen. Allzu oft, da hat Baumann Recht, dienen Imponier-Vokabeln wie «Handlungsbedarf», «kostenneutral» oder «thematisieren» zum Aufhübschen von Selbstverständlichkeiten. Bedenkenswert: Das Modewort «nachhaltig», das ursprünglich «dauerhaft» bedeutete, ist «inzwischen zur leerdeutschen Worthülse mit universaler Verwendung verkommen».